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Shownotes – Episode 3

Transkript der ersten Minuten:

A.B.: Ja, Herr Wolters, ganz großartig, dass Sie bereit sind, ein Interview zu machen für unseren Podcast „Kritisches Denken“. Wir wollen sprechen über Wissenschaftstheorie und die erste Frage wäre: Wann gab es denn die ersten Ansätze von wissenschaftlichem Denken?

G.W.: Die ersten Ansätze von wissenschaftlichem Denken, die finden wir um das Jahr 600 vor unserer Zeitrechnung bei den alten Griechen und wir wissen auch, welche Person hier in Frage kommt, nämlich Thales von Milet, den die meisten von uns aus der Schule vom Satz des Thales kennen. Thales war der Erste, der Naturprozesse nicht mehr als Wirken von Göttern verstanden hat, sondern versucht hat, natürliche Ursachen herauszufinden.

A.B.: Also nicht mythologische Begründungen, sondern rationale Begründungen.

G.W.: Natürliche Prozesse. Und er glaubte, dass das Wasser die Ursache von allem sei, dem können wir heute kaum noch folgen, aber immerhin war es ein Versuch, sich von der Vorherrschaft göttlichen Wirkens in der Natur zu befreien, und damit beginnt in unserer westlichen Zivilisation die Wissenschaft. Wir halten nichts von dem, was Thales gesagt hat, heute mehr für richtig, aber er hat den richtigen methodischen Ansatz gewählt, nämlich nicht mehr die Götter als Akteure in der Natur zu verstehen, sondern natürliche Prozesse zu beschreiben und ihre Ursachen herauszufinden.

A.B.: Erklärungen mit Göttern kann man auch nicht widerlegen, da gibt es dann immer alternative Erklärungen. Genau, das waren so die ersten Ansätze bei den Vorsokratikern. In den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts hat sich der logische Empirismus entwickelt, vor allem bekannt durch den Wiener Kreis. Die haben verschiedene Ziele verfolgt, auch eine Modernisierung der Philosophie. Was waren die Ziele der logischen Empiristen?

G.W.: Die logischen Empirischen hatten zwei Hauptziele. Das erste Ziel war, eine Darstellung des Wissenschaftsprozesses zu geben, die logischen Ansprüchen genügt. Das zweite Ziel war eine Reform der Philosophie. Die logischen Empiristen waren überzeugt und sie hatten gute Gründe dafür, dass die traditionelle Philosophie, die glaubte, über irgendwelche abstrakten Wirklichkeiten ohne Erfahrungsbezug reden zu können, dass diese traditionelle Philosophie an ihrem Ende angelangt sei. Philosophie, soweit man sie überhaupt ernst nehmen könne, so war die Auffassung der logischen Empiristen, hatte eine Analyse des einzigen sinnvollen Sprechens über die Wirklichkeit zu liefern, nämlich eine Analyse der Wissenschaft. Nur die Wissenschaften reden sinnvoll über die Welt als Ganzes. Natürlich haben die logischen Empiristen nicht bestritten, dass wir im Alltag viele vernünftige Dinge sagen und meistens reden wir untereinander über Alltagsdinge und in der Alltagssprache und das ist für sie auch vollkommen okay, aber wir treten bei diesen Dingen nicht mit universellen Ansprüchen auf. Wir beanspruchen nicht, dass wir dem Rest der Welt zu sagen haben, wie alles funktioniert, sondern, das ist für unser Leben hier… wir versuchen uns in unserem kleinen Leben zu orientieren. Das ist eine Sache, die ist vollkommen in Ordnung.

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