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Episode 69 – Lichtblicke durch Wissenschaft im Kabarett #Vince Ebert

Im Gespräch mit dem Kabarettisten, Vortragsredner, Autor und Physiker Vince Ebert unter anderem über sein aktuelles Buch Lichtblick statt Blackout

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8 Kommentare

  1. Malte Schmidt Malte Schmidt

    Guten Tag,
    „kritisches Denken“ heißt für mich auch, Gesprächspartner auf logische Fehler hinzuweisen, wenn sie deutlich erkennbar sind.
    So müsste es aus naturwissenschaftlicher Sicht sofort auffallen, dass ein Beispiel für eine unvorhersehbare Innovation unmöglich darin bestehen kann, dass „irgendein kleines Start-Up in 5 Jahren einen 3D-Drucker entwickelt, mit dem man emissionsfreie Treibstoffe herstellen kann, mit dem man dann bei sich zu Hause, im Keller am Tag 100 Liter emissionsarmen [sic!] Treibstoff für 50 Cent runterladen kann“. Dies verknüpft Euer Gast dann mit der Aussage, dass ein geplantes Verbrenner-Verbot „absurd“ sei.
    Zur Verbrennung kohlenstoffhaltiger Treibstoffe in Verbrennungsaggregaten gehört chemisch gesehen zwingend, dass CO2-Emissionen freigesetzt werden, die beim heutigen Verkehrsaufkommen bei jedem Treibstoff enorm sein werden – keine mögliche Innovation kann dies vermeiden. Für eine Verbrennungs-Technologie, die nicht auf Kohlenstoff basiert, müssten völlig neue Verbrennungs-Aggregate entwickelt werden und es würden auch hier massenweise Verbrennungs-Produkte entstehen, die in einen sinnvollen Kreislauf zurückgeführt werden müssten, Die notwendige Energie für den „emissionsfreien Treibstoff“ käme dann auch aus der Rohmasse des Druckers bzw. würde beim „Drucken“ umgesetzt, denn sie lässt sich nicht „herunterladen“. Damit wäre die direkte Elektrifizierung wohl doch sehr viel effizienter. Falls jemand eine solche revolutionäre, nicht kohlenstoffbasierte Technologie entwickelte, unterläge die wohl kaum dem Verbot des „klassischen Verbrenners“.
    Ich halte das für ein sehr schlecht gewähltes Beispiel zu zeigen, dass politische Maßnahmen die Rahmenbedingungen von Innovationen zu sehr einschränken, da es Denkfehler enthält. Der Pragmatismus einer steuernden Politik wird in dieser Sichtweise stark unterschätzt, ihr hingegen eine ideologisch gefärbte Handlungsweise zugeschrieben. Das sehe ich nicht als sachlichen Beitrag zur Diskussion um ein Verbrenner-Verbot, denn es unterstellt politischen Akteuren eine unsachliche Herangehensweise. Euer Gast verwehrt sich – zu Recht, wie ich finde – gegen Zuschreibungen, die ihm gegenüber in der Öffentlichkeit gemacht werden (oder wurden)., dies sollte er aber auch gegenüber Anderen berücksichtigen.
    An dieser und ein paar anderen Stellen hätte ich mir mehr kritisches Bewusstsein der Fragestellenden gewünscht. Die Themen finde ich sehr interessant.
    Mit den besten – kritischen – Grüßen!

    • Andreas Andreas

      Hallo Malte Schmidt
      Vielen Dank für das Feedback. Ja, das ist richtig, das angesprochene Beispiel zeugt nicht von Realitätsnähe. Ich hatte das als absichtlich überzeichnet wahrgenommen, aber das kann natürlich auch anders verstanden werden.
      Das Verbot von Verbrennungsmotoren die CO2 ausstoßen, mag für Europa tatsächlich ein gangbarer Weg sein. Ein Nachteil könnte sein, dass dadurch die Entwicklung von E-Fuels, die zumindest bilanziell klimaneutral wären, verhindert oder gebremst wird, was wiederum dazu führen könnte, dass gangbare Lösungen hin zu Klimaneutralität für viele andere Länder unerreichbar bleiben. Ich bin bezüglich technischer Themen nur ein interessierter Laie. Auf jeden Fall eine komplexe Thematik und ich stimmte zu, dass eine entsprechende Gesetzgebung nicht unbedingt ideologisch motiviert sein muss. Den Gedanken, dass wir nicht wissen können, welche neue Lösungen in Zukunft gefunden werden, finde ich auch wichtig.
      beste Grüße
      andreas

  2. Christian Christian

    Ich habe mir diesen Podcast angehört, und ich habe mir sehr oft gedacht „Nö, ist einfach falsch“. Vince Ebert mag zwar nach eigener Auskunft kein Klimaskeptiker sein (aber er ist meiner Meinung nach sehr nahe dran), aber er liefert durch seine fehlerhaften Argumente Futter für waschechte.
    Zuerst wollte ich bei jeder Widerlegung einzelne Links beifügen, aber zu allem wurde bereite im IPCC Bericht Stellung bezogen. Wer übrigens keine Lust hat, den Bericht durchzulesen (das dürfte auf die allermeisten Menschen zutreffen) sei der Podcast „Das Klima“ (https://dasklima.podigee.io/) empfohlen, in der zwei Leute den Bericht besprechen.
    Zunächst mal zu meiner Person, ich bin wie Herr Ebert ebenfalls ein Naturwissenschaftler, genauer gesagt ein Biologe.
    Zunächst einmal eine allgemeine Kritik: Sehr viele Argumente sind in der Form „Wenn X gilt, dann folgt Y“. Ja schon, aber es X ist halt nicht der Fall. So ähnlich wie „Wenn da kein Hundehaufen liegt, kann ich bedenkenlos geradeaus gehen“. Wenn man diesen Satz kurz vor einem Hundehaufen denkt, ist er halt für die Tonne. Diese Fehler der Argumentation sind hier sehr häufig zu finden, wie ich auflisten werde.
    Ein Beispiel hierfür ist die Aussage, dass erneuerbare Energie billiger als fossile sein müsste: Dies ist bereits der Fall. Die absolut kostengünstigste Art, Strom zu produzieren, ist Photovoltaik. Und die ist darüber hinaus auch noch unabhängig vom Weltgeschehen.
    Ebenso wie bei der Fehlannahme, dass bei Energiemangel Strom von Frankreich nach Deutschland fließt: im Moment ist es exakt umgekehrt, einerseits weil die Flüsse aufgrund des Klimawandels zu wenig Wasser führen, andererseits weil die Kraftwerke ziemlich marode sind und deshalb gewartet werden müssen. Jetzt hilft Deutschland, das glücklicherweise nicht so sehr auf AKW gesetzt hat, Frankreich über den Winter. Nicht umgekehrt.
    Beim Thema Kernenergie wird auch eine Erzählung benutzt, die gerne von der FDP verwendet wird: Keine Hektik, es gibt bei unserem Einfallsreichtum ja vermutlich Entwicklungen, die die Wende vereinfachen. Aber wir haben halt keine Zeit für Abwarten, wir müssen Solar und Co massiv und so schnell wie möglich ausbauen. Die Methoden, die wir jetzt schon haben, sind glücklicherweise ausreichend und sehr wünschenswert (ich würde jedenfalls wesentlich lieber neben einem Solarkraftwerk als neben einem Gaskraftwerk wohnen wollen). Es ist also keine Innovation nötig, sondern lediglich aus dem Quark zu kommen.
    Es ist auch nicht wie behauptet so, dass das Narrativ des FFF ist ‚Die Zukunft wird definitiv Kacke‘, sondern ‚Wenn wir nicht gegensteuern, wird die Zukunft Kacke. Also ran an die Steuer!‘. Das ist ein himmelweiter Unterschied: Im ersten Fall ist die Konsequenz Herumwimmern in der Embryonalstellung. Der zweite Fall ist jedoch sehr aktivierend. Ich halte dies also für ein Strohmannargument.
    Dann das Argument mit der Anpassung gegenüber Vermeidung: Man müsse sich ja lediglich anpassen. Je mehr man jedoch vermeidet, desto weniger Anpassungsleistung ist nötig. Und an manche Gegebenheiten kann man sich auch gar nicht anpassen; beispielsweise die Überschwemmung des Lebensraums.
    Eng verwandt ist auch dieses Argument: „Es ist doch schön, wenn es wärmer wird“. Schon, „wärmer“ ja, aber nicht „lebensfeindlich heiß“. Wärmer als 42°C soll es nicht werden. Und wir sind drauf und dran, solche Temperaturen zu erzeugen.
    Des weiteren das Argument, 1,5°C sei eh nicht mehr erreichbar, jetzt können wir eh aufgeben: Dieses Ziel ist nicht binär, also entweder wir schaffen es, oder wir schmeißen alles hin. Falls wir 1,5°C überschreiten, sind 1,6°C viel besser als 1,7°C. Und die wiederum viel besser als 1,8°C. Und so weiter.
    Dann das Argument, dass ein anderer Teil der Menschheit den Klimawandel nicht hoch hängt: Seit wann ist es in den Naturwissenschaften (egal welcher Fachbereich) üblich, über die Korrektheit von Hypothesen abstimmen zu lassen?
    Alles in allem bin ich mit dieser Argumentation sehr unzufrieden. Sie erweckt den Eindruck, stringent zu sein, ist es aber nicht.

    • Andreas Andreas

      Lieber Christian
      vielen Dank für den Kommentar, der vermutlich auch der Meinung vieler Hörer entspricht. Ich denke auch, dass kaum jemand den gesamten IPCC Bericht lesen wird oder kann, ich hätte auch nicht den Hintergrund alles zu verstehen. Empfehlen möchte ich an dieser Stelle zum Beispiel die Wikipedia Seite zum IPCC Report und besonders die Seite wiki.bildungsserver/klimawandel. Auf der IPCC Seite https://www.ipcc.ch/ findet sich auch zu den verschiedenen Kapiteln jeweils ein Summary for Policymakers. Zu den Kritikpunkten im Einzelnen werde ich noch weitere Kommentare schreiben. Bezüglich der Kosten von Strom aus verschiedenen Quellen bin ich kein Experte, jedoch ist es wichtig nicht nur die Stromgestehungskosten zu berücksichtigen, sondern auch Systemkosten und den CO2-Preis. Wenn alternative Systeme benötigt werden für Quellen die nicht regelbar sind, entstehen zusätzliche Kosten, auch Batteriesysteme sind mit Kosten verbunden. Eine Studie vom Fraunhofer Institut macht immerhin Hoffnung, im Jahr 2030 könnte die Stromerzeugung aus einem PV-Batteriesystem günstiger sein als aus einem Gas- und Dampf-(GuD) Kraftwerk. Übrigens versuche ich seit einiger Zeit eine PV-Anlage zu bekommen, leider benötigt dies enorm viel Geduld und Nerven. Ich hoffe, dass sich viele junge Menschen finden, die sich fürs Klima engagieren und bereit sind eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren und auf Dächer zu klettern. Zum Thema Kernenergie sei übrigens auf die Aussagen des IPCC verwiesen, die Kernernergie wird als Teil der Lösung gesehen. Ich freue mich auf weitere Diskussionen.
      beste Grüsse
      andreas

      • Christian Christian

        Es wird ja beim Umstieg auf erneuerbare Energien immer so getan, als ob das ja leider nötig sei, aber eigentlich würde man ja viel lieber bei den fossilen bleiben. Aber in diesen sauren Apfel müsse man halt beißen. Am besten einen möglichst kleinen Bissen.
        Meiner Meinung nach handelt es sich beim Umstieg vielmehr um einen Biss in eine Sahnetorte. Er hätte Vorteile verschiedener Art: finanzielle (Photovoltaik ist am günstigsten), gesundheitliche (weniger Schadstoffe), lärmtechnische (an einer vielbefahrenen Straße ist es ruhiger und es riecht auch besser), freiheitliche (wie sogar Christian Lindner sagte), friedenstechnische (sehr viele Angriffe werden durch den Verkauf von fossilen Energieträgern finanziert und könnten anders gar nicht erst stattfinden), innenpolitische (die Installation der Anlagen finanziert heimische Handwerker statt ausländische Autokraten), sicherheitstechnische (wie man in der Ukraine gerade sieht, will man keine zentrale Energieerzeugung haben; und eine nukleare erst recht nicht), etc. Und außerdem macht es den Klimawandel und somit das Ende unserer Zivilisation unwahrscheinlicher.
        Man stelle sich einmal eine Gesellschaft vor, die dekarbonisiert ist. Wenn man dort vorschlagen würde, doch fossile Energieträger zu verwenden, man würde zurecht einen Vogel gezeigt bekommen.
        Die Auswirkungen der vielbeschworenen Dunkelflaute kann man dadurch übrigens minimieren, dass man die Stromnetze massiv ausbaut: Die Wahrscheinlichkeit, dass nirgends in Europa keine ist, ist minimal. Und für diese sehr kurze Zeit kann man ja ein Gaskraftwerk vorhalten. Im Vergleich zu 100% fossile ein Witz.
        Zu der Motivation anderer Länder: Ich denke, dass gerade nicht so reiche Länder in der Nähe des Äquators eigentlich einen Run auf erneuerbare Energien haben sollten. Seltsamerweise ist dies nicht der Fall. Für mich ist dies ebenfalls ein Rätsel.

    • Andreas Andreas

      Lieber Christian
      Gerne setze ich meine Antwort noch fort. Bezüglich der deutschen Stromimporte und Exporte ist die Gesamtbilanz sicher interessant, aber ich denke Herr Ebert hatte hier die Betrachtung der wetter- und jahreszeitbedingten Dunkelheits- und Schwachwindphasen mit gleichzeitig besonders hoher Energienachfrage im Blick. In Deutschland besonders häufig zwischen Ende Januar bis Mitte Februar. Eine Analyse des Science Media Centers (SMC) zeigt, dass in einer entsprechenden Situation wie im Januar 2017 nach Kohleausstieg 2030 über 95 Prozent des Gesamtbedarfs über Back-ups abgedeckt werden müsste z.B. durch Stromimporte. Die aktuelle Situation im Hinblick auf die Bilanz haben Sie gut beschrieben, Atomkraftwerke schützen auch nicht vor der Notwendigkeit von Importen, wenn sie marode sind.
      Bezüglich der Methoden der regenerativen Energiegewinnung frage ich mich schon, ob diese bereits gut genug sind um den Rester der Welt von deren Einsatz zu überzeugen? Weltweit sind über 1000 neue Kohlekraftwerke in Planung, was verhindert werden sollte. Was wären diesbezüglich gute Ansatzmöglichkeiten?
      Es ist sehr erfreulich, wenn viele Menschen durch beängstigende Zukunftsprognosen motiviert werden zu handeln, ob hierzu beispielsweise eine Aufforderung man solle in Panik geraten besonders geeignet ist, kann man schon hinterfragen. Mögliche und wahrscheinliche Zukunftsszenarien sollten aus meiner Sicht möglichst sachlich wiedergegeben werden, so dass die Wissenschaft nicht in Propaganda-Verdacht gerät und ich denke, dass ist im IPCC Bericht ganz gut gelungen. Die sachlichen Informationen können natürlich ganz unterschiedlich aufgefasst werden, und es wäre sicherlich nicht klug, die Folgen, die sich aus klimatischen Veränderungen ergeben zu unterschätzen. Eine Überschätzung ist vermutlich auch nicht immer hilfreich.
      Vermeidung vor Anpassung, stimme ich voll zu. Ich frage mich, wie das gelingen kann, dass wir weltweit eine entsprechende Entwicklung sehen werden, die dazu führen wird, dass keine oder wenig Anpassung erforderlich sein wird? Wie können wir Menschen in anderen Gesellschaften helfen auf fossile Brennstoffe zu verzichten? Tatsächlich ist Klimaschutz in sehr sehr vielen Ländern gar kein Thema, wenn die Bevölkerung befragt wird, was ich völlig nachvollziehbar finde in Anbetracht der Lebensrealität vieler Menschen. Die Idee, wenn wir die Probleme nicht verhindern können, sollten wir Wege suchen damit umzugehen, ist tatsächlich etwas kurz gegriffen, solange es noch Chancen gibt Einfluss zu nehmen. Das darf natürlich kein entweder oder sein, sondern ein sowohl als auch und da ist der IPCC Bericht wiederum auch gut gelungen.
      beste Grüsse
      andreas

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